Blog der TGA-Gruppe
Aerosole im Gebäude
22.01.2021
Aerosole im Gebäude
Beim Atmen, Husten, Singen oder Sprechen stößt jeder Mensch Aerosole aus. Diese Gemische aus winzigen Partikeln sind in der Regel nur wenige Nanometer groß und umgeben uns, vor allem in Innenräumen, permanent. Aufgrund ihrer geringen Größe können sie die Atemwegsfiltersysteme des Menschen ungehindert passieren. Die Medizin macht sich diese Eigenschaft zunutze, wenn man z.B. an Inhalationssprays denkt. 1) Was jedoch, wenn schädliche Substanzen wie z.B. das Virus SARS-COV-2 über Aerosole eingeatmet werden, hat dieser Übertragungsweg eine Relevanz?
Bereits im August 2020 wurde im Rahmen einer Studie der University of Florida nachgewiesen, dass auch der aktuell im Zentrum stehende Virus SARS-COV-2 ebenfalls über Aerosole verbreitet werden kann 2), einzig fraglich war zu diesem Zeitpunkt, wie stark der Anteil der Aerosole bei Ansteckungen ist. Jedoch: „Selbst aus Proben, die in fast fünf Metern Abstand zu den Patienten genommen worden waren, seien noch aktive SARS-CoV-2-Partikel isoliert worden, berichten die Forscher. Über genetische Analysen sei bestätigt worden, dass diese von dem Patienten mit COVID-19-Atemwegssymptomen im Raum stammten – und nicht etwa aus einem anderen Bereich der Klinik eingetragen wurden.“ 3)
Daraus kann u.a. laut dem deutschen Robert Koch Institut schlussgefolgert werden, dass „Bei längerem Aufenthalt in kleinen, schlecht oder nicht belüfteten Räumen … sich die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung durch Aerosole auch über eine größere Distanz als 1,5 m erhöhen (kann), insbesondere dann, wenn eine infektiöse Person besonders viele kleine Partikel (Aerosole) ausstößt, sich längere Zeit in dem Raum aufhält und exponierte Personen besonders tief oder häufig einatmen.“ 4)
Es bleibt daher für die Fachgruppe TGA die Frage, wie die technische Ausstattung für Gebäude, in denen mehrere Menschen zwangsläufig zusammenkommen, ausgestaltet sein muss, um den ausschlaggebenden Faktor, nämlich die Ausbreitung des Trägers (Aerosole), bestmöglich zu unterbinden. Dafür empfiehlt das Herrmann Rietschel Institut der TU Berlin einen kontinuierlichen Austausch der Raumluft mit frischer bzw. gereinigter Luft zwischen 3 und 5 mal je Stunde. Damit kann das Infektionsrisiko in geschlossenen Räumen signifikant gesenkt werden. 5)
Der Arbeitskreis Innenraumraumluft des österreichischen Bundesministeriums für Klimaschutz & Umwelt 6) hat sich in seinem „Positionspapier 7) zu lüftungsunterstützenden Maßnahmen…zur COVID-Prävention…“ wie folgt auseinandergesetzt:
Raumlufttechnische-Anlagen (RLT) sollen frische Luft unabhängig von Nutzereinflüssen von außen den Räumen zuführen (Zuluft) und die „verbrauchte“ Luft (Abluft) aus den Räumen nach draußen befördern. RLT-Anlagen arbeiten ohne und mit zusätzlicher Klimatisierung wie Raumkühlung, Ent- und Befeuchtung (Klimaanlagen). Mitunter wird bei Klimaanlagen ein Teil der Abluft wieder der Zuluft beigemengt (meist ältere sogenannte „Umluftanlagen“). 8)
Das Arbeitspapier kommt zum Ergebnis, dass „eine möglichst hohe Frischluftzufuhr eine der wirksamsten Methoden darstellt, potentiell virushaltige Aerosole aus der Raumluft zu entfernen (und) lüftungstechnische Anlagen sind daher in Zeiten der Pandemie als Vorsorge gegen Infektionen anzusehen“. Oben angeführte Klimaanlagen werden im vorliegenden Arbeitspapier aufgrund der Luftumwälzung (ohne ausreichende Frischluftzufuhr) und in Verbindung mit unzureichenden Filter als mögliche Gefahrenquelle dargestellt.
In Bestandsobjekten, in denen keine ausreichende Frischluftzufuhr gewährleistet werden kann, wie z.B. durch bauliche Beschränkungen oder wo durch Lüften unerwünschte Effekte erzielt werden (Hitze, Kälte, Feinstaub, Lärm), werden mobile Luftreinigungsgeräte als Maßnahme die „auf relevante Weise“ 9) eine Reduktion virusbeladener Aerosole herbeiführen, angeführt.
Im Neubau kann daher nicht nur wegen der aktuellen Pandemie und Aerosolen als Überträger von Corona-Viren, sondern auch wegen zusätzlicher Themen wie Feinstaub, Viren allgemein oder auch Pollen, abschließend festgehalten werden, dass eine möglichst frühe Auseinandersetzung mit dem Thema Lufttechnik anzuraten ist.
1) Paul Scherrer Institut / Aerosolforschung http://aerosolforschung.web.psi.ch/
2) https://science.orf.at/stories/3201371
3) ebd
6) Vollständiger Name: Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation & Technologie
7) https://www.bmk.gv.at/themen/klima_umwelt/luft/luft/innenraum.html
8) https://www.bmk.gv.at/themen/klima_umwelt/luft/luft/innenraum.html
9) ebd